Seit 1880 – Unser Lebenslauf
Bereits im Jahre 1877 wurde der „Fremdenverkehrs- und Verschönerungsverein Buxtehude und Umgebung“ – er diente der Werbung für Buxtehude und Neukloster (beide Orte waren beliebte Ausflugsziele für Hamburger) – und am 25. Oktober 1880 der „Verein zur Gründung und Unterstützung einer städtischen kunsthistorischen und kunstgewerblichen Sammlung“ ins Leben gerufen. Diese beiden Vereine stellen den Ursprung des heutigen Heimat- und Geschichtsvereins Buxtehude dar. Als die St. Petri-Kirche in Buxtehude im 19. Jahrhundert baufällig wurde und damit auch kostbare Altäre und Bilder durch Feuchtigkeit dem Verfall preisgegeben waren, kam dem damaligen Hauptpastor Georg Adolf Theophil Höpfner die Idee, zwei ihm besonders am Herzen liegende Altäre zu retten: den heute in der Hamburger Kunsthalle zu bestaunenden Marienaltar von Meister Bertram von ca. 1410 (der von besonderem kunsthistorischen Interesse ist: Hier wird zum ersten Mal die Kunst des Strickens im Bild dargestellt [Maria strickt ein nahtloses Gewand für ihren Sohn]) und einen um 1500 geschnitzten, flämisch beeinflussten Altar, der heute im Buxtehude∙Museum zu sehen ist. Pastor Höpfner suchte Mitstreiter für ein Museum, und es fanden sich 211 Personen, die die Gründungsurkunde für den „Verein zur Gründung und Unterstützung einer städtischen kunsthistorischen und kunstgewerblichen Sammlung“ mit Datum vom 25. Oktober 1880 unterzeichneten, in der es heißt: „Der Verein bezweckt durch dieses Museum die Sammlung und Erhaltung der in hiesiger Stadt und Umgegend verstreuten Kunstgegenstände und Alterthümer, damit dieselben gruppenweise geordnet dem Publikum einen Überblick über das gewerbliche Leben seiner Voreltern gewähren, den Künstlern und Handwerkern hiesigen Ortes Gelegenheit geben, die Geschmacksrichtungen vergangener Zeiten, behufs eigener Weiterbildung zu studieren.“
Moritz Reichel, Architekt und Lehrer der im Jahre 1875 gegründeten Baugewerkschule – heute Fachhochschule Nordostniedersachsen mit den Fachbereichen Architektur und Bauingenieurwesen – fand sich bereit, den neugegründeten Verein mit Rat und vor allem Tat zu unterstützen: Mit seinen Schülern „durchkämmte“ er – immer auf der Suche nach „Alterthümern“ – Dachböden und Keller Buxtehuder Häuser und brachte die entdeckten Gegenstände nach Rücksprache mit dem zuständigen städtischen Amt auf den Boden des Rathauses, wo auch die beiden genannten Altäre aufbewahrt wurden. 1881 konnte man an die Eröffnung des Museums denken, im norddeutschen Raum das erste, welches von Bürgern gegründet wurde, und im Jahre 1883 befanden sich dort bereits 724 Gegenstände – darunter ein heute im Bremer Focke-Museum befindlicher Corpus eines Kruzifixes von ca. 1400
Nachdem der erste Enthusiasmus verflogen war, kam es zur Wiederbelebung im Juni 1907 mit der Gründung des Museums-Vereins. 1911 jedoch drohte das Ende: Am 14. August brannten die Häuser – auch das Rathaus – zwischen Kirchenstraße und der Breiten Straße nieder. Beherzte Schüler des Technikums, wie die Baugewerkschule sich jetzt nannte, konnten die meisten der gesammelten Gegenstände retten und darüber hinaus große Teile der Vertäfelung des Ratssaales
Dieser verheerende Brand führte dann jedoch dazu, dass Julius Cäsar Kähler, Seifenfabrikant, Mitglied des Buxtehuder Magistrats und Senator von 1891 bis 1896, seine bereits 1910 geäußerte Absicht verwirklichte und dem Museums-Verein ein Gebäude am St. Petri-Platz schenkte, das zunächst jedoch völlig neu errichtet werden musste und letztendlich das Aussehen seines Vorgängers erhielt, eines Ackerbürgerhauses mit Motiven aus dem Alten Land. Die Giebelseite schmückt noch heute das Buxtehuder Wappen – zwei gekreuzte Schlüssel mit einem Tatzenkreuz in der Mitte, und auch der Spruch von Immanuel Geibel „Am guten Alten in Treuen halten, am kräftigen Neuen sich stärken und freuen“ ist dort zu lesen, wenn auch in schwer entzifferbarer, stark verschnörkelter Schrift, und verweist so auf die damaligen und heutigen Aktivitäten des Heimatvereins.
Das Bestreben, „Alterthümer“ zu retten und zu bewahren, veranlasste den damaligen Museums-Verein im Sommer 1914 zum Kauf des aus dem 16. Jahrhundert stammenden Marschtorzwingers, des letzten Wehrturms der ehemaligen Stadtbefestigung von Buxtehude und eines der ältesten Bauwerke der Stadt. Dieses Gebäude sorgte jedoch für beträchtliche Schwierigkeiten, denen sich der Museums-Verein zu stellen hatte: Im Jahre 1926 löste sich aus der zur Straße zugewandten Seite ein Wappenstein und erschlug eine Passantin. Um die Familie der Verstorbenen entschädigen zu können, verkaufte der Museums-Verein das bereits vorher erwähnte Kruzifixteil an das Bremer Focke-Museum. Der Zwinger befindet sich noch heute im Eigentum des Heimatvereins, wurde jedoch vielerlei Nutzen zugeführt, u. a. auch als Jugendherberge und Gruppenraum für Vereine. Nach der umfangreichen Sanierung im Jahre 1986 ist der Zwinger verpachtet an die Stadt Buxtehude und dient vielfältigen kulturellen Zwecken.
Im Dezember 1938 wurde der Museums-Verein mit dem Verschönerungs- und Fremdenverkehrsverein vereinigt, es entstand der Heimatverein. Inzwischen wurde auch an die Erweiterung des Museums gedacht im Anschluss an das alte Ackerbürgerhaus. Dieser Plan, der nie aufgegeben wurde, konnte jedoch erst im Jahre 1992 mit dem Bau des Buxtehude∙Museums realisiert werden – nun allerdings nicht aus eigener Kraft; das Geld hierfür floss aus so manchem öffentlichen Topf.
1941 wurde der Heimatverein dem „NS-Kulturwerk Gau Ost“ eingegliedert.
Nach dem Krieg war eine umfangreiche Sanierung des Museumsgebäudes am St. Petri-Platz unumgänglich geworden, was sicherlich vor der Währungsreform ein nicht leichtes Unterfangen darstellte.
In der anschließenden Zeit geschah dann die Zerstörung der alten Bausubstanz von Buxtehude, gegen die sich der Heimatverein – erfolglos – zur Wehr setzte. 1951 erschien im „Buxtehuder Tageblatt“ ein Leserbrief, verfasst vom Vorstand des Heimatvereins: „Es erscheint uns – offen gesagt – an verantwortlicher Stelle zum Teil das volle Verständnis dafür zu fehlen, dass zwischen dem Bombenteppich und dem langsamen Abschlachten dieser Häuser vom städtebaulichen Standpunkt aus nur ein Unterschied des Tempos liegt. Mit dieser Zerstörung geht aber ohne Zweifel auch eine im Untergrund sehr wirksame Kraft für Buxtehude und seine Geschäftswelt verloren“.
Das Umdenken, nicht nur bei Häusern und Straßen, sondern auch bei Natur und Umwelt, benötigte viel Zeit, und erst im Jahre 1969 gelang es dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Helmut Roscher nach langen Bemühungen und im letzten Augenblick, den Plan zu stoppen, zur Entlastung Neuklosters eine neue Trasse für die B 73 durch den Neukloster Forst zu schlagen. Hierzu folgende Gedanken von Dr. Roscher: „Auch in Zukunft wird sich der Umweltschutz noch oft mit den anders gearteten Interessen des Verkehrs, der Industrie und der Technik auseinanderzusetzen haben.“
Dass dieser Satz mehr als wahr ist, hat der Heimat- und Geschichtsverein in den darauffolgenden Jahren und bis heute immer wieder beweisen und sich damit auseinandersetzen müssen. Aus diesem Grunde heißt es, stets wachsam zu sein, damit die Rechte der Bürger – der Menschen!!! – nicht durch anders gelagerte Interessen und Anforderungen des Verkehrs, der Industrie und Technik oder auch anderer Bereiche, eingeengt und beschnitten werden. Das gilt für alte, wertvolle Häuser mit ihren Straßen und Strukturen und Gegenstände aus vergangenen Zeiten, aber auch für Natur und Umwelt innerhalb und außerhalb der Stadt.
1973 erwarb der Heimatverein das Haus Abtstraße Nr. 6, das 1399 an den damaligen Abt des ehemaligen Harsefelder Benediktiner-Klosters verkauft worden war. Nach seiner Restaurierung – unter Beteiligung der Stadt Buxtehude – dient dieses ebenfalls im Eigentum des Heimat- und Geschichtsvereins befindliche Haus heute gastlichen Zwecken: Es ist vermietet und beherbergt ein Restaurant.
Die AG Botanik erhielt im Dezember 1991 den 1. Preis bei der Teilnahme am Wettbewerb um den Natur- und Umweltpreis des Landkreises Stade 1991 mit ihrer Arbeit „Welche Möglichkeiten gibt es, Natur- und Umweltschutz im Landkreis Stade zu praktizieren?“ Im Sommer 1995 begeisterte diese Arbeitsgruppe an der Natur interessierte Besucher mit ihrer Ausstellung „Naturraum Buxtehude – Das Elbrandmoor“, die gemeinsam mit dem Buxtehude∙Museum durchgeführt wurde.
Die AG Literatur befasst sich mit dem Sammeln lokalen und regionalen Schrifttums. Die frühere Erfassung über Karteikarten ist eingestellt worden. Statt dessen sind die Titel von mehr als 2000 inzwischen angesammelten Büchern, mehr als 800 Zeitschriften und fast 150 Bildern nun in einem Computer gespeichert. Besonders am Herzen liegt dieser Arbeitsgemeinschaft die niederdeutsche Literatur, und einmal im Jahr lesen plattdeutsche Schriftsteller aus ihren Werken vor.
Seit vielen Jahren befasste sich die AG Literatur mit dem Plan, weltweit das Märchen vom Hasen und Igel – die ja bekanntlich auf der kleinen Heide bei Buxtehude um die Wette gelaufen sind – und nach Erzählungen mit gleicher oder abgewandelter Aussage zu suchen. Die ersten Schritte hierzu wurden im Jahre 1997 unternommen. Inzwischen konnte dieser Plan verwirklicht und ein Buch mit dem Titel „Buxtehuder Has’ und Igel weltweit“ bereits in dritter Auflage herausgegeben werden. Seit dem 1. November 2001 ist im Buxtehude·Museum die Ausstellung „Ick bün al hier!“ Has’ und Igel in Buxtehude und anderswo zu sehen.
Weiterhin werden unter sachkundiger Führung heimatkundliche Exkursionen durchgeführt und Museumsbesuche zu kulturgeschichtlich interessanten Ausstellungen organisiert. Mitglieder des Heimatvereins führen archäologische Wanderungen in der näheren und weiteren Umgebung Buxtehudes durch und erklären Laien die typischen Gegebenheiten unserer Landschaft, die steinernen Zeugen unserer Vorfahren und deren Gerätschaften sowie die geschichtlichen Hintergründe.
Gemäß Eintragung im Vereinsregister verschmolzen im Juni 2002 der Verein „Haus Fischerstraße 3 e.V.“ und der Heimatverein Buxtehude e.V. zu Heimatverein Buxtehude Haus Fischerstraße 3 e.V. mit der Folge, dass sich nunmehr 5 Gebäude im Eigentum des Vereins befinden: das alte Heimatmuseum, der Zwinger, das Abthaus sowie die Häuser Fischerstraße 3 und Stavenort 16.
Seit dem 6. Dezember 2008 befindet sich auf dem Stavenort ein im Auftrag des Heimat- und Geschichtsvereins mit Hilfe vieler Spender errichtetes Glockenspiel. Es besteht aus 24 Glocken in der Tonfolge c3, d3, in Halbtonschritten fortschreitend bis c5.
2011 schloss sich die Arbeitsgemeinschaft Plattdeutsch – auch bekannt als NettwarkPlatt – dem Heimatverein an und hat sich die Förderung aller Bemühungen zum Erhalt sowie zur Verbreitung der niederdeutschen Sprache in Buxtehude und Umgebung zum Ziel gesetzt.
2017 gab der Verein sich eine neue Satzung und änderte seinen Namen von Heimatverein Buxtehude-Haus Fischerstraße 3 in Heimat- und Geschichtsverein Buxtehude.
Mittlerweile zählt der Heimat- und Geschichtsverein Buxtehude rund 300 Mitglieder, von denen jedoch nur ein kleiner Teil aktiv ist.
Der Verein wird vertreten durch den Vorsitzenden Dr. Martin C. Lockert und den Geschäftsführer Dr. Harald Stechmann.
Aus diesem Lebenslauf wird deutlich, dass aktive Menschen als Antriebskraft zum Überleben eines Vereins notwendig sind. Unser Bestreben ist es daher, weitere engagierte Mitmenschen zu gewinnen.
Literaturverweis: Biehusen, Karl-Wolfgang: 100 Jahre Heimatverein Buxtehude e.V